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Donnerstag, 12. April 2012

John Salathé

Die Salathé Wall am Granitmonolithen El Capitan im Yosemite Valley ist ein Begriff in der Kletterwelt: hoch, glatt, steil und schwierig. Was und wer sich hinter dem Namen "Salathé" verbirgt, wäre selbst mir als durchaus an der Alpinhistorie-Aficionado bis vor kurzem unbekannt gewesen. Jetzt weiss ich es, und die Sache ist tatsächlich hochspannend.

Wand und Tour haben ihren Namen zu Ehren von John Salathé, seines Zeichens ein in der Schweiz geborener USA-Emigrant. Ein total kauziger Typ, der erst im Alter von 46 Jahren während einem Kuraufenthalt in der Sierra Nevada mit dem Klettern begann. Trotz diesem hohen Alter reichte die Zeit noch für einige wegweisende Bigwall-Erstbegehungen im Yosemite-Valley, und was echte Handwerksqualität bei Schlaghaken anbetrifft, da war Salathé der Wegbereiter - "wo Gras in einem Riss wächst, da geht auch ein Haken rein", soll einer seiner Leitsprüche gewesen sein. Die Erfindung der Hooks geht wohl ebenfalls auf sein Konto, was ihn insgesamt zum "Grandfather of Big Wall Climbing" macht.

El Capitan im Yosemite Valley, die Salathé Wall links im Lichte der letzten Sonnenstrahlen. Foto: Dan Hughes.

Sein Leben ist in einem sehr empfehlenswerten NZZ-Artikel von Max Matter und Emil Zopfi nachgezeichnet. Als Appetizer zitiere ich einige Zeilen:  "Robin Hansen, einer der Sierra-Cracks, nahm Salathé ans Seil und führte die schwierige und exponierte erste Seillänge. Auf einem Band, versteckt hinter einem Felspfeiler, machte er Stand. «Climb freely», rief er zum Neuling hinab, doch nichts bewegte sich. Nach einigen Minuten kletterte John um die Kante – unangeseilt. Er hatte die Aufforderung, nachzusteigen ohne sich an den Haken festzuhalten, missverstanden..."

Erst nach dem Lesen des Artikels wird mir klar, dass ich selber auch schon die Gnade hatte, eine Route von Salathé wiederholen zu können - nämlich den Aufstieg auf die einzigartige Felsnadel des Lost Arrow Spire. Bei meinem Aufenthalt im Yosemite Valley im Jahr 2000 kletterten wir diese als Technoroute. Mit 5.7 C2 ist sie bewertet, was diese Bewertung bedeutet, kann man wohl nur richtig einschätzen, wenn man selber schon Erfahrungen im (amerikanisch geprägten) Aid Climbing gemacht hat. Auch für uns war damals total ungewiss, was uns erwarten würde.


Yours truly bei der Tyrolean Traverse vom Lost Arrow Spire zurück zum Rim. Foto: CO, Sept/2000
Nun, freigeklettert sind wir trotz der Bewertung von 5.7 (ca. 5b) nicht viel an diesem Tag. Die von uns begangene Tip-Route am Lost Arrow Spire fordert mehr bezüglich Strategie, Bastelei und Seilhandhabung. Schon im Zustieg müssen beim Abseilen zwingend Knoten passiert werden, dann folgt die Techno-Bastelei beim "Klettern": an der Schlüsselstelle galt es z.B., sich erst an einigen windigen, mit nur 2 Segmenten klemmenden Friends hochzuziehen, dann einen in einen flachen Riss geklopften Copperhead zu nutzen, sich an einem schlechten Keil fortzubewegen und mit 2 Skyhook-Placements den nächsten Bohrhaken zu erreichen.

Eine abenteuerliche Passage, die im Grad 5.12b (ca. 7b) auch frei zu haben wäre. Doch ans Freiklettern habe ich damals keinen Gedanken verschwendet, diesen Grad hatte ich zu jener Zeit auch nicht drauf. Nach der Schlüsselstelle warten keine allzu grossen Herausforderungen mehr, doch das Highlight folgt dennoch zum Schluss: nämlich die spektakuläre Seiltraverse über den gähnenden Abgrund hinweg, um vom Gipfel des Lost Arrow Spire wieder das Plateau zu gewinnen.

Insgesamt war das für mich ein einzigartiger Bergtag, an den ich immer noch und immer wieder zurückdenke - John Salathé sei Dank! Ich schliesse diesen Artikel mit einem weiteren Zitat von ihm ab: "I find that rock climbing is the finest, most healthiest sport in the whole world. It is much healthier than most; look at baseball, where 10,000 sit on their ass to watch a handful of players". Recht hat er!

Nochmals der Link zum NZZ-Artikel: klick!

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