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Mittwoch, 11. Januar 2017

Jahresrückblick 2016

Während draussen gerade der erste Schneesturm im Winter 16/17 tobt, schreibe ich meinen traditionellen Jahresrückblick. Trotz teilweise ungünstigen Voraussetzungen wurde es doch ein unverhofft tolles Kletterjahr, gewürzt mit schweren Sportklettereien, lässigen MSL-Routen und herausfordernden Bohrprojekten. Touren in Schnee, Eis und mit Ski gab es aufgrund des warmen Winters und dem Fokus auf familientaugliche Aktivitäten hingegen nicht so viele. Zum Bergsteigen kam ich zwar durchaus, aber halt meist in wenig bekannten, exotischen Nordwänden. Vielleicht ist es genau das, was im 2016 in meinem Palmares am meisten fehlt - ein grosser Knaller, wo man jeder weiss, was es geschlagen hat.

Sportklettern

Dieses Jahr war es mit dem Sportklettern ein bisschen ein Kreuz: als die Saison im Februar so langsam ins Rollen kam, erwischte mich eine heftige Grippe, welche mich 4 Wochen lang vom Klettern und ernsthaften Trainieren abhielt. So war der ganze Aufbau aus dem Winter futsch, und ich konnte erst auf die Osterferien hin wieder aktiv sein. Eine brauchbare Kletterform kam zum Glück schneller zurück wie befürchtet, meine Bemühungen in den folgenden Wochen und Monaten wurden jedoch durch das regnerische Wetter stark behindert. Aufgrund der starken Niederschläge waren diverse meiner Projekte wegen durchdrückendem Wasser dauernass. Erst im Sommer und Herbst konnte man dann so richtig Gas geben, und dies gelang mir auf eindrückliche Weise: zum Jahresende stehen 1x 8b+, 1x 8a+, 5x 8a und 19 Routen im Bereich 7c/7c+ zu Buche. So erfolgreich war ich nie zuvor und wie es scheint, habe ich ein Rezept gefunden, trotz bereits langer Karriere im Klettersport und fortgeschrittenem Alter noch etwas vorwärts zu kommen. Ja richtig, darüber wollte ich eigentlich einmal noch ausführlich schreiben - aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Besonderen Dank gebührt an dieser Stelle meiner Familie und insbesondere meinem Vater, die immer dabei sind, wenn's irgendwo ein Projekt anzugreifen gilt. Sportklettertrips unternahmen wir im 2016 ins Tessin (2x), ins Ötztal, in die Dauphiné und nach Oltrefinale. Im 2017 wird's ganz sicher wieder ein paar solche Reisen geben, worauf ich mich bereits jetzt sehr freue. Ansonsten bin ich motiviert, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Was sich dann als Ernte einfahren lässt, werden wir ja sehen...

Sportklettern mit Familie: steiler Fels, sonniges Ambiente und nachher noch ein gemütliches Bad - ein Genuss!

MSL-Klettern

Wenn ich darüber reflektiere, so scheint es mir fast unglaublich, was sich in dieser Saison alles ergeben hat. Mit Start am 22. Mai und Ende am 28. Dezember konnte ich 25 MSL-Routen klettern. Viel davon verdienen eine Spezialerwähnung an dieser Stelle. Besondere Freude machte es, in der Django (7c, Gonzen), der Queen of Desert (7a+, Engelhörner) und der Duracell (7b, Titlis Nordwand) jeweils die erste Wiederholung schnappen zu können. In die Rubrik "Schwieriges Alpines Sportklettern" fallen insbesondere die Rätikon-Routen New Age (8a+) und Hannibals Alptraum (8a), sowie die bouldrige Granitroute Jack Daniels (7c+, Sandbalm) - das war die vielen Schweisstropfen mehr als wert, die es zum Erlangen des erforderlichen Kletterniveaus brauchte. Insgesamt konnte ich von meinem gesteigerten Sportkletterniveau natürlich generell für MSL-Vorhaben profitieren. So gelangen mir z.B. in den 7b-Touren Triplano (Dolomiten), Rittergold (Schlossberg), Speck-Kante (Ruchstock), Duracell (Titlis) komplette Onsight-Begehungen, die einfacheren Touren gelangen mir sowieso fast alle in diesem befriedigensten "kam, sah, kletterte" Stil. Was gilt es in dieser Rubrik noch zu erwähnen? Unsere Dolomiten-Ferien waren leider aufgrund instabiler Wetterlage gemessen an meinen Wünschen und Träumen nicht ganz so erfolgreich und liessen nur einige kürzere, aber immer noch lässige Touren zu. Weiter ertönt bei unseren Kindern immer öfter der Wunsch, bei diesen Touren auch dabei sein zu wollen. Dem wird natürlich gerne entsprochen. Während wir dabei im Moment noch auf moderate Unternehmungen im Plaisir-Bereich eingeschränkt sind, male ich mir hin und wieder aus, was für erfreuliche Zukunftsperspektiven das mittel- und langfristig noch mit sich bringen könnte...

Auch noch eine MSL aus dem 2016, wo ich es noch nicht geschafft habe, einen Blog darüber fertigzustellen. Wer erkennt's?

Bohren

Schaut man auf meiner Erstbegehungs-Seite nach, so sind dort auffallend weniger Punkte gelistet wie in den Vorjahren. Gehen also langsam die Ideen und das Felspotenzial aus? Nein, das wäre ein falscher Eindruck! Es ist eher ein Ressourcenproblem: Arbeit, Familie, Sportkletterprojekte, MSL-Wiederholungen, Eis, Bergsteigen et cetera, alles kann man einfach nicht machen. Eingebohrt habe ich im 2016 drei Klettergartenrouten (Galerie, Voralpsee, Ibergeregg), worüber auch einmal noch auf diesem Blog berichtet werden sollte. Wobei die Zahl 3 genau genommen nicht stimmt, denn eigentlich habe ich 5 Klettergartentouren eingerichtet, 2 davon konnte ich bisher jedoch noch keine RP-Begehung abringen - kommt aber hoffentlich noch. Im MSL-Bereich ist das ganz grosse Highlight sicherlich die Prix Garantie (7 SL, 7c) im Rätikon, welche sich erfolgreich abschliessen liess und dem alten Vater sogar einen Eintrag in der Rubrik "Stark & Schnell" im SAC-Monatsheft "Die Alpen" beschert hat, hihi. Noch ausstehend ist der Bericht zur Blues in my Shoes (6 SL, 7a) an der Schafbergwand im Alpstein - er folgt demnächst. Die Route bietet aber jetzt schon eine prima Steilplattenkletterei auf hervorragend rauem Fels mit Rätikon-Charakter. Sie wurde im Herbst 2016 von einigen Insidern und Bekannten bereits wiederholt, an dieser Stelle findet man die notwendigsten Infos für eine Wiederholung. Sodann habe ich zusammen mit Werner Küng eine neue Baustelle in Angriff genommen, wo man im 2017 mit einem Abschluss rechnen darf. Ebenso hoffe ich, mein immer noch ausstehendes Projekt in der Eigernordwand im 2017 finalisieren zu können.

Die eine oder andere Route hat Globi, der Felsenputzer schon hin und wieder parat! Schafbergwand, Bild: H. Tobler.

Eis- und Mixedklettern

Ohne Fleiss kein Eis, so heisst nicht nur eine der wenigen Eis-Routen, welche ich im 2016 klettern konnte (ebenfalls eine Erstwiederholung), sondern das gilt als Motto für den ganzen Winter. In der Nähe und in tiefen Lagen stellten sich nie gute Bedingungen ein. So musste man sich eben mit einer Route am Guggernüll, ein paar Metern im Tösstal und der erwähnten Tour im Brunnital zufrieden geben. Oder dann setzte man seine Eisgeräte nicht ganz bestimmungsgerecht im Fels ein. Dies taten wir einerseits mit der Dreh den Swag auf (M8+) an der Breitwangflue - wow, das war ein absoluter Oberknaller!!! Und irgendwie auch die Belohnung für ein gegenüber früher deutlich intensiviertes Drytool-Training. Des Öfteren wurde die Pickelhauen in gebohrte Löcher und schlammige Felsritzen verkeilt, was bei mir schliesslich sogar zu einer RP-Begehung einer Route im Grad M9 resultierte, eine neue persönliche Bestleistung. Hier einmal noch eine zweistellige zu knipsen, das ist auch noch so ein Lifetime Goal. Ein gutes Sportkletterniveau ist dafür sicherlich hilfreich, reicht aber für sich alleine nicht aus - vor allem wenn man wie der Autor mit viel Gewicht, langen Hebeln und beschränkter Oberarmkraft alles andere als prädestiniert für diese Aktivität ist. Ich glaube aber doch, dass es in Sachen Rumpfstabilität, Schulter- und Oberarmpower ein ideales Entwicklungsfeld für spezifische Schwachstellen ist. Somit ist es vielleicht doch nicht nur Spinnerei, sondern Spinnerei mit Nutzen, dass wir uns an den grausigsten Wintertagen in den schlammigen Tiefen irgendwelcher Grotten und Höhlen betätigt haben, anstatt sich wie die meisten anderen der Bequemlichkeit der Kletterhallen hinzugeben. Gut, meistens ging ich dann nach dem Drytooling doch noch in die Kletterhalle, als Sicherungsbimbo mit der Familie und Freunden...

Ohne (Drytooling-)Fleiss kein Preis! Das passt irgendwie perfekt zum Eisklettern 2016...

Alpines

Bergsteigen, Fehlanzeige?!? Ja wirklich, beinahe. Ausflüge ins Hochgebirge habe ich 2016 fast gar keine gemacht. Als berufstätiger Familienvater ist's halt eben deutlich einfacher, 3x1 Tag abwesend zu sein, als 1x3 Tage am Stück. Zudem bieten Touren im Hochgebirge mit ihrer langen Anreise nach meinem aktuellen Gusto auch ein suboptimales Verhältnis zwischen Aufwand und tatsächlicher Kletterei. Der alpinste Ausflug im 2016 hat Kathrin und mich auf den Gipfel der Petites Jorassses (3650m) im Gebiet von Chamonix geführt. Und zwar via die über 20 Seillängen lange Tour Anouk (6c). Darüber hinaus zu erwähnen ist dann vor allem der Nordwand-Dezember 2016: am Säntis, am Graustock und am Bös Fulen gelangen fantastische Kraxeltouren, sehr eindrückliche Erlebnisse mit teils herausfordernder Kletterei, und dies weit abseits vom Rummel der 4000er-Normalwege. Und dann natürlich noch der Knaller mit dem dunklen Turm in der Gross Ruchen Nordwand (Bericht folgt). Gilt das jetzt als Eis-, Fels-, Mixedklettern oder Bergsteigen?!? Irgendwie auch egal, Hauptsache draussen. Mal sehen, ob's im 2017 endlich einmal mit der Heckmair in der Eiger Nordwand klappt, oder mit der Allain/Leininger in der Dru Nordwand, oder mit der Ginat an der Droites Nordwand. Dass ich ganz ohne bergsteigerische Ziele wäre, das ist dann doch nicht der Fall.

Hat Spass gemacht! Bergsteigen in der Nordwand des Gross Ruchen, definitiv ein Highlight im 2016!

Skitouren

Puh, ein dunkles Kapitel! Als die oberen Abschnitte meines Jahresrückblicks geschrieben wurden, hatte ich im Winter 16/17 und damit bis zum Ende des alten Jahres noch keine einzige Skitour durchgeführt. Aber gut, es hatte ja eigentlich auch keinen Schnee - ausser künstlich erzeugten auf den Pisten. Und diesen habe ich etwa gleich oft besucht, wie ich früher jeweils auf Skitouren war. Jedoch nicht zum Aufsteigen, sondern als Pistenfuzzy zum Abfahren. Sogar eine dafür geeignete Ausrüstung mit richtig feschen Rennbrettern habe ich angeschafft. Was ist denn da passiert?!? Es liegt ganz einfach an den Kindern, die halt sehr gerne und häufig Ski fahren wollen - und es inzwischen auch sehr gut können. Ich habe da so einen kleinen Jungen zuhause, Wahnsinn wie der Fährt - Speed, Mut und Kontrolle, an nichts von dem fehlt's, man könnte beinahe das Prädikat "extraterrestre" vergeben. Und ich muss sagen, ich geniesse diese gemeinsamen Skitage auch sehr. Wie auch immer, hier geht's ja aber um Skitouren. Nebst diversen, eher kurzen Voralpen-Touren in meiner nächsten Umgebung habe ich im Winter 15/16 genau 2 Stück gemacht, wo man dafür ein LVS mitnimmt, nämlich auf den Schilt und die Silberen, was ja eigentlich auch nur kurze Halbtagestouren sind. Dann gab's in den Auffahrtsferien noch die unverhoffte Tour auf den Granatenkogl (3318m), welche im 2016 konkurrenzlos das goldene Fell gewinnt. Endgültig eingesommert wurden die Tourenski allerdings erst, nachdem ich sie am 1. Juli am Furkapass noch zum Zustieg zur Kletterroute Don Bernardo am Gross Bielenhorn benutzt hatte.

Skitouren im Züri Oberland sind auch schön. Diese hier kann ich z.B. direkt mit den Skis an den Füssen von meiner Haustür angehen.
Somit schliesse ich an dieser Stelle meinen traditionellen Rückblick auf das vergangene Bergjahr. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt - ich bin da wie immer ohne besonders konkrete Ziele, da es in aller Regel ergiebiger, stressfreier und erfolgreicher ist, dem Moment zu folgen und die Chancen zu packen, welche sicher gerade präsentieren. 

Auf ein tolles Bergjahr 2017 und mit einem herzlichen Dank an alle meine Tourenpartner im 2016!

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